Speleo Alpin 2003


Die diesjährige, mit freundlicher Unterstützung des Nationalparks Gesäuse durchgeführte Forschungswoche in der Hochtorgruppe fiel punktgenau auf die einzige wettermäßig ungünstige Woche des heurigen Sommers. Dazu kamen kürzestfristige Ausfälle, Verhinderungen (und Ausreden), sodaß jeweils nur drei statt acht Teilnehmer im Gelände tätig waren. Beteiligt waren Reinhard Fischer, Andreas Glitzner, Eckart Herrmann und Martin Jager. Dennoch konnten zwischen 900 und 1000 m neue Gangstrecken in vier bereits verzeichneten und 13 neuen Höhlen vermessen werden. Die Anzahl der katastermäßig erfassten Objekte stieg auf 74 an. Als bedeutendstes Objekt erwies sich der im Vorjahr entdeckte, hervorragend schöne Tellersackcanyon, der mit eindrucksvollen Eisbildungen und Gewässern nach unten hin immer größer werdend unter den Gipfelaufbau des Hochtors zieht. Er ist bisher 450 m lang und etwa 170 m tief. Der darüber in den Tellersackwänden entdeckte, stark vereiste Grazerwegschacht, in dem in 50 m Tiefe wegen Materialmangels umgekehrt werden musste, könnte mit dem Tellersackcanyon in Verbindung stehen. Alpinistischer Höhepunkt war gleich zu Beginn die Planaufnahme der von Kletterrouten durchquerten Durchgangshöhle der Peternschartenkopf-Nordverschneidung (immerhin VI- oder V-,A0) mit über 120 m Ganglänge. Von einer äußerst stark bewetterten Höhle eine Seillänge darüber konnte nur der Eingangsraum vermessen werden, bevor zur Vermeidung eines Wandbiwaks der Weiterweg angetreten werden musste. Schwerpunkte der flächenhaften Begehung und Höhlenaufnahme waren einmal mehr das Roßkar und das Schneeloch/Schneekar. Hinweise der Almleute und Hüttenwirte auf eine "Gamshuaberlhöhle" bzw. "Ganser-Max-Höhle" führten uns zu einer touristisch bisher völlig unbeachteten, sehr großräumige Höhle im Bereich der Koderalmen, bei der sich im Nachhinein herausstellte, daß sie 1961 bereits teilweise vermessen und als "Wildererhöhle" in die falsche Kataster-Teilgruppe (1713, Stadelfeld) zugeordnet worden war. Nunmehr konnte der völlig unschwierig begehbare Hauptgang auf über 100m Länge dokumentiert werden, unzählige Verzweigungen sind noch nicht einmal erkundet. Spuren deuten auf einen ehemaligen Nixabbau in der Höhle hin. Die seit Beginn der Gebietsbearbeitung tendenziell größer werdenden Entdeckungen zeigen, daß die höhlenkundliche Erforschung dieses Gebirgsstocks noch ganz am Anfang steht - vergleichbar mit der alpinistischen Entwicklung um 1870. Immerhin lassen sich bereits einige charakteristische Höhlentypen unterscheiden, aus denen erste Rückschlüsse auf die Karstentwicklung des Gebietes gezogen werden könnten. Das extreme Alpingelände bietet dem Höhlenforscher hier übrigens auch angenehme Begleiterscheinungen: Die im Kahlkarst ansetzenden Höhlen sind so sauber, daß sich eine Reinigung von Schlaz und Seilen selbst nach einer Woche intensiver Forschung mehr oder minder erübrigte.

Peterschartenkopf Gamshuaberlhöhle
Haglplanhöhle Grazerwegschacht

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