Gemsenhöhle - Siphon auf -260m erreicht |
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23. bis 25. Juni 2017 Dürrenstein/Seetal | |
Dass die Gemsenhöhle im Seetal bei Lunz ein attraktives Urlaubsparadies für Höhlenforscher darstellt, hat sich bei den Tiroler Höhlenfreunden schon vor einiger Zeit herumgesprochen: Anders kann es sich der Berichterstatter nicht erklären, dass auch westösterreichische Kollegen die doch nicht unaufwändige Anreise - samt den Mühen des Zustiegs - nicht scheuen, um diesem Objekt der Begierde wiederholte Besuche abzustatten! So fand schon am 9. Oktober 2016 eine erste Tour mit überwiegender Tiroler Beteiligung statt (Sandra Theissl, Michael Schiestl, Kassian Plankensteiner aus Tirol sowie Valerie Grymarz aus Wien), bei der die Höhle bis hinunter zum Sandcanyon (ca. -125m) eingebaut, befahren und bewundert wurde. Am 27. und 28. Mai 2017 fand eine Folgetour statt (Sandra Theissl, Michael Schiestl, Andreas Walch und Viviana Lugo aus Tirol sowie Charlotte Honiat aus Frankreich), bei der bereits in der benachbarten Dohlenhöhle für eine Nacht biwakiert wurde. Bei dieser Tour wurde der Grabungsschluf mittels Kamera-Rolldrohne befahren, wurden die Einbauten verbessert, ein unerforschter Schlot bei MP 120 erklommen (Andreas Walch) sowie die vom Berichterstatter aufgefundene Engstelle bei MP 161 erweitert (Michael Schiestl, Walter Mühlbacher, nach vorangehenden Freilegungsarbeiten unter Beteiligung von Johanna Wiedlack, Johannes Wallner und Michael Aschauer). Die Überwindung dieser Engstelle bedeutete letztlich den Durchbruch zur Erschließung des umfangreichen Neulandes, von dem schon damals sogleich die ersten 130m (Nordost-Gang) vermessen werden konnten. Für Steilschlufliebhaber mit Faible fürs Bodenlose samt mühevoller Stemmarbeit auf dem Retourweg blieb dieser garstig enge Ersterforschungszugang auch nach den erneuten Ausräumarbeiten vom 18. Juni 2017 (durch Barbara Wielander und Andreas Muttenthaler) weiterhin erhalten! - Bezwungen wurde er mittlerweile bereits von Andreas Gremmel ("Das geht echt nur mit Atmen!"). Zuletzt fand nun am 23. bis 25. Juni 2017 erneut eine Vermessungstour unter tatkräftiger Beteiligung der Tiroler Höhlenfreunde (Sandra Theissl, Michael Schiestl, Sebastian Stoll) statt, deren Ergebnisse nunmehr präsentiert werden: Es wurden 353m wunderschönes Neuland vermessen (insb. Sandtunnel, Konglomeratgang, Trockener Gang), davon 80m Neuland ersterschlossen (düsterer, lehmiger Canyon bis zu einem Siphon). Genussbiwakiert wurde für zwei Nächte auf -206m im Anfangsbereich des Sandtunnels. Kurze Gangbeschreibung: Der 130m lange, trockene Nordostgang endet mit offenbar geringer Überdeckung im Schrofengelände des Zustiegs (Niveau vom Eingang: -113m). Der ca. 110m lange Sandtunnel, der sich stetig leicht bergab windet und dessen Boden mit ungewöhlich feinsandigen Hügeln bedeckt ist, endet nach einem ausgeräumten (Sand-)Siphon mit geringer Ganghöhe überraschend in einem kleinen Tümpelchen (Niveau vom Eingang: -214m). Dieses wurde zur Vermeidung der Störung der Totenruhe (Fledermaus) bislang nicht weiter untersucht. Der schöne Hauptgang (mit aus Quelltopf gespeistem Wasserfall, stellenweise Konglomeratsohle, Schwinde und anschließendem trockenen Gangteil) endet jäh in einem 80m langen und insgesamt ca. 30m tiefen, düsteren, äußerst klebrig-lehmigen, wiederum wasserführenden Canyon. Dieser konnte erst beim dritten Anlauf durch Querung auf der Canyonschulter bezwungen werden, nachdem Versuche auf der tiefsten und einer mittleren Etage gescheitert waren. Am Ende dieses Canyons befindet sich ein großer Siphon (Niveau vom Eingang: -260m; Wasseroberfläche ca. 10x2m), der betauchbar erscheint. Der ungewöhlich klebrige Lehm dieses - im Kontrast zu den vorangehenden Teilen - ungastlichen, aber keineswegs unattraktiven Höhlenteils erschwerte den Rückweg sehr, indem er die Seilklemmen wiederholt außer Funktion setzte. Ihren Abschluss fand die Tour mit einem kühlenden Bad im Lunzer See. Die Gemsenhöhle wurde mit nunmehr 1.950m (zuvor: 1.220m) Gesamtlänge und 260m (zuvor: 133m) Gesamttiefe zur siebentlängsten und fünfttiefsten Höhle des Katastergebiets Niederösterreich. Den Tiroler Höhlenfreunden sei an dieser Stelle ausdrücklich für das ungebrochene Engagement bei der schönen, wennauch manchmal mühevollen Forschungsarbeit herzlich gedankt! Offene Punkte für künftige Folgetouren: - Oberflächenbegehung im Bereich des Endes des Nordost-Ganges (weiterer Eingang?), - Vermessung des Grabungsschlufes und des Schlotes bei MP 119 mit zwei ansetzenden Schlüfen, - technische Querung des Terrassenschachts nach Osten (Hinweis von Andreas Muttenthaler), - Vermessung der beiden geklärten Fragezeichen am Ende des Nordost-Ganges sowie Schloterkundung im Hinblick auf die auf Oberflächennähe, - technische Erschließung des in den Hauptgang des Neulandes einmündenden Seitenasts, ca. 3-4m über dem Niveau des Hauptganges bei MP 1.47 (Barbara Wielander), - Prüfung/Betauchung eines wassererfüllten Schachts bei MP 1.65, - Vermessung des Wasserfalls aus dem Quelltopf bei MP 1.73, - Befahrung eines Schachts kurz vor dem Großen Lehmcanyon (MP 1.93), - Befahrung des Wasserfalls und eines Schlots in einer tieferen Etage des Großen Lehmcanyons, - Prüfung/Betauchung des Siphons am Ende dieses Canyons, - Finden und Herstellen einer Verbindung zur benachbarten Lechnerweidhöhle. Auch die nächste Tour (4.-6. Juli) wird die Neuforschung in der Gemsenhöhle sicher nicht zum Abschluss bringen. Neuforschungswillige Interessierte mögen sich daher beim Berichterstatter zwecks Tourenplanung gerne melden. Walter Mühlbacher |
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Mit dabei: Sandra Theissl, Michael Schiestl, Sebastian Stoll, Walter Mühlbacher |
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Vermessen: 353 m |
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